Publikationen, Industriepolitik, Research/Forschung

FIW-Research Report: Corona zeigt potenzielle Schwachstellen in globalen Lieferketten auf

Der neue FIW-Research Report von Forschern des wiiw analysiert, inwieweit der Außenhandel Österreichs und der EU gegenüber globalen wirtschaftlichen Schocks wie der Corona-Pandemie anfällig ist.
Ein Drittel der ausländischen Importe sind "risikobehaftete" Produkte, d.h. Produkte, die im Falle von Handelsturbulenzen ein erhebliches Verfügbarkeitsrisiko darstellen.
Vor allem der High-Tech-Sektor und die medizinische Versorgung sind von Lieferungen aus China abhängig. Nichtsdestotrotz haben sich die globalen Wertschöpfungsketten als widerstandsfähig erwiesen, und China hat Europa mit seinen enormen Produktionskapazitäten durch die Pandemie geholfen.
Eine generelle Verlagerung risikoreicher" Produktionen nach Europa ist wirtschaftlich nicht tragfähig.Stattdessen sollte das globale Handelssystem gestärkt werden, um im Falle externer Schocks widerstandsfähiger zu sein.
Nur strategische Industrien sollten zurück nach Europa verlagert werden.

Oliver Reiter, Robert Stehrer
Learning from Tumultuous Times.An Analysis of Vulnerable Sectors in International Trade in the Context of the Corona Health Crisis

FIW-Research Report 2021 N° 04
Juli 2021
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Abstract:

Die COVID-19-Pandemie stellt einen noch nie dagewesenen Schock für das globale Wachstum und den internationalen Handel dar und rückte internationale Abhängigkeiten in den Fokus. Dies löste Diskussionen über die Widerstandsfähigkeit von globalen Wertschöpfungsketten aus. In der Studie konstruieren wir einen "Produktrisiko-Indikator" für fast 5000 global gehandelte Produkte, der auf Kennzahlen wie Marktkonzentration, Clustering-Tendenzen, Netzwerkzentralität von Akteuren oder internationaler Substituierbarkeit basiert. In einem zweiten Schritt werden die bilateralen Importe risikobehafteter Produkte mit internationalen Input-Output-Tabellen verknüpft, was eine Analyse der Bedeutung international bezogener risikobehafteter Produkte nach Ländern und verwendenden Branchen ermöglicht. Dabei zeigt sich das Technologie-intensive Industrien aufgrund des großen Anteils risikobehafteter Produkte in High-Tech-Produktkategorien anfälliger für Ausfälle entlang einer Lieferkette sind. Drittens wenden wir eine "partielle globale Extraktionsmethode" an, um die Auswirkungen einer möglichen Rückverlagerung von Lieferketten nach Europa auf das BIP abzuschätzen. Unter der Annahme, dass die Produktion von risikobehafteten Produkten von Nicht-EU27- in EU27-Länder verlagert wird, ergibt sich ein Anstieg des BIP der EU27 um bis zu 0,5 %. Die Nicht-EU27-Länder verlieren dementsprechend. Dies legt nahe, dass es auch im Interesse der Lieferländer und -industrien ist, resiliente Lieferketten zu gewährleisten. Abschließend werden ausgewählte politische Aspekte im Kontext der angestrebten offenen strategischen Autonomie der EU erörtert.

Keywords:     Internationaler Handel, Globale Lieferketten, Resilienz, Globale Extraktionsmethode

JEL-codes:     F14, F17, F52