Im FIW-Jahresgutachten zur Entwicklung der österreichischen Außenwirtschaft vom Februar 2020 wurden die internationalen Handelskonflikte, der Brexit und das Phase‑I‑Abkommen zwischen China und den USA als Hauptrisikofaktoren für die Prognose der Entwicklung der österreichischen Außenwirtschaft eingestuft. Die Ergebnisse aus dem ursprünglichen FIW-Jahresgutachten wurden durch die Pandemie und die notwendigen gesundheitspolitischen sowie wirtschaftsbeschränkenden Maßnahmen, vor allem was die kurzfristige Betrachtung betrifft, obsolet. Mittelfristig und nach dem Überwinden der Gesundheitskrise dürften die Themen aus dem ursprünglichen Jahresgutachten, wie etwa die Handelskonflikte und die Reaktion der Handelspolitik auf die klimapolitischen Vorgaben, jedoch wieder ins Zentrum rücken.
Die COVID-19-Pandemie hatte einen massiven Einfluss auf die internationalen Wirtschaftsaktivitäten und somit auf die österreichische Außenwirtschaft. Das vorliegende Oktober-Update zum FIW-Jahresgutachten „Die österreichische Außenwirtschaft“ vom Februar 2020 präsentiert eine neue kurzfristige Prognose für die Entwicklung der österreichischen Außenwirtschaft in den Jahren 2020 und 2021. Sie beruht auf Informationen über die österreichische Wirtschafts- und Außenhandelsentwicklung im ersten Halbjahr 2020 und auf internationalen Prognosen zu den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.
Die Weltwirtschaft wurde vor allem im 2. Quartal des Jahres 2020 von den ökonomischen Effekten der COVID-19-Pandemie erfasst und wird in diesem Jahr um rund 4,5% schrumpfen. Ein so dramatischer Einbruch ist seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs einzigartig und hinterlässt aktuell tiefe Spuren in den meisten Volkswirtschaften der Welt.
Da die Exporte stärker von der COVID-19-Pandemie als die Importe betroffen sind, wird der Beitrag der Nettoexporte zum gesamtwirtschaftlichen Wachstum somit im Jahr 2020 mit einem Minus von 1,3 Prozentpunkten relativ deutlich negativ ausfallen. Im Jahr 2019 war der Beitrag der Nettoexporte zum BIP-Wachstum mit +0,4 Prozentpunkten noch leicht positiv. Die Außenhandelsbeziehungen Österreichs tragen somit zum Teil zur gesamtwirtschaftlichen Rezession in Höhe von prognostizierten 6,8% bei.
Die COVID-19-Pandemie trifft den österreichischen Dienstleistungsaußenhandel in einem noch stärkeren Ausmaß als den Warenhandel. Das nach wie vor große Ausmaß an COVID-19‑bedingter Unsicherheit im Wirtschaftssystem dämpft zusätzlich die Nachfrage nach Investitionsgütern, Maschinen und Kraftfahrzeugen. Diese Bereiche sind für die österreichische Außenwirtschaftsentwicklung auf der gesamtwirtschaftlichen Ebene maßgeblich und somit wird eine nachhaltige Erholung erst durch das Verschwinden dieser Unsicherheit erfolgen können.
Neben den aktuellen internationalen Rahmenbedingungen und der kurzfristigen Prognose des Außenhandels beschäftigt sich das FIW in diesem Gutachten in einem eigenen Kapitel auch mit der Frage, inwieweit die COVID‑19‑Pandemie und die daraus folgenden Verhaltensänderungen auf KonsumentInnen- und Unternehmensseite (freiwilliger oder erzwungener Natur, etwa durch Einschränkungen der Reisefreiheit) nachhaltige strukturelle Auswirkungen auf den globalen und europäischen Außenhandel nach sich ziehen werden. Die FIW-AutorInnen greifen dabei die globalen Wertschöpfungsketten als jenen Faktor auf, bei dem mit Veränderungen zu rechnen ist und besprechen die möglichen mittelfristigen Verschiebungen in der Wirtschaftsstruktur durch den COVID‑19‑Schock.
Das Oktober Update zum FIW-Jahresgutachten steht Ihnen hier zum Download zur Verfügung.
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